Die alte Mühle

Ein Objekt, an dem wir sehr lange dran waren, bis wir endlich reingekommen sind. Über einen Zufall und drei Ecken bekamen wir Kontakt zum jetzigen Eigentümer. Ein Besuch auf eigene Faust war uns etwas zu heikel. Wir standen schon einmal vor der gewaltigen Anlage. Das Problem war, das auf dem Grundstück noch ein altes Wohnhaus steht, welches auch bewohnt ist und ein paar nicht gerade kleine Hunde auf dem Gelände rumlaufen. Es gab sicherlich noch die Möglichkeit von der Seite mit den Bahngleisen sich Zutritt zu verschaffen, aber auch das war uns zu risikobehaftet, da hier immer noch Züge regelmäßig durchfuhren und wir uns auch nicht mit der Bundespolizei zwingend anfreunden wollten. 

Nach vielen längeren Telefonaten und unserer Hartnäckigkeit bekamen wir nach fast einem Jahr endlich einen Termin zur Besichtigung vom Eigentümer. Auf Grund der Größe der Anlage wurde es ein ganzer Tagesausflug, mit Anreise, Besichtigung und auch wieder Heimreise. Als wir uns mit dem Eigentümer trafen durften wir erst einmal ein Schriftstück unterschreiben, dass wir die Anlage auf eigene Gefahr betreten und er für etwaige Schaden oder Unfälle keine Haftung übernimmt. Dann bekamen wir mit ihm eine komplette Führung über die gesamte Anlage. Er wies uns auf kritische Stellen im Bodenbereich hin, die wir auf jeden Fall meiden sollten, da dort der Fußboden nicht mehr sicher ist. Nach dem Rundgang, bekamen wir die Schlüssel und konnten uns ohne Zeitbegrenzung auf der Anlage austoben. Und das haben wir auch in vollen Zügen genossen. 

Zwei Unternehmerbrüder entschieden sich 1910 für diesen Standort um ihre neue Mühle zu errichten. Der dortige Eisenbahnknoten und die Lage an einem großen See ermöglichten einen besseren Transport von Getreide und Mehl als das bisherige Werk, welches in einer näheren Großstadt war. Über die Kanäle im See konnte das Mehl sogar bis ins Rheinland verschifft werden.

Zunächst entstand eine kombinierte Roggen- und Weizenmühle mit einer Leistung von rund 30 Tonnen pro Tag. 1924 wurde die Anlage um eine weitere Weizenmühle erweitert, die täglich rund 37 Tonnen verarbeiten konnte. Die Jahresleistung stieg auf rund 14.000 Tonnen und auch die Belegschafft wuchs von ursprünglich 11 auf 45 Beschäftigte. 1932 wurde das Gelände um ein Verwaltungsgebäude, ein weiteres Getreidesilo, mit einer Kapazität von 1600 Tonnen, sowie der Fabrikantenvilla erweitert. Etwas später kamen Werkswohnungen und Garagen noch hinzu. 

Im Gegensatz zu den klassischen Mühlen die über Wind oder Wasserkraft betrieben wurde, wurde diese Mühle komplett maschinell betrieben.

Die Unternehmensbrüder wurden nach dem zweiten Weltkrieg enteignet und flüchteten nach Lübeck, wo sie einen weiteren Betrieb besaßen. Die Mühle ging in das Volkseigentum über und wurde zum größten Mühlenbetrieb der DDR. Neben dem Getreide aus umliegenden Gebieten, verarbeitete sie auch Importe u.a. aus der Sowjetunion, Polen und Ungarn und versorgte die Nordbezirke der DDR mit Weizen- und Roggenmehl sowie mit Grieß. Zwischen 1960 und 1965 hielt neue Mühlentechnik Einzug. Das fast 40 Meter hohe Maschinenhaus eines Getreidesilos wurde zum weithin sichtbaren Wahrzeichen. Bis zu 72 Menschen arbeiteten in den 80iger Jahren in der Mühle, die bis zu 22.000 Tonnen Weizen- und Roggenmehl jährlich vermahlen konnte.

1993 wurde die Großmühle stillgelegt. Es blieb das markante Gebäude aus der Entstehungszeit. Nachdem sich über mehrere Jahre kein Käufer für den unter Denkmalschutz stehenden Mühlenkomplex gefunden hatte, erwarb die Gemeinde das Gelände 2012 und sucht nach einem interessanten tragfähigem Konzept. Seit 2018 gibt es nach dem Verkauf an eine Finanzgruppe neue Hoffnung. Versprochen ist die Entwicklung zu einem zweiten Ortskern mit Kleingewerbe, Verwaltung und Wohnungen. 

Das Objekt ist KEIN lost place mehr. Es befindet sich aktuell in Entwicklung und im Bau. Wir bitten dies zu berücksichtigen, falls jemand das Objekt kennen sollte. Ungenehmigte Begehungen werden vom Eigentümer umgehend zur Anzeige gebracht. 

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