Das Stasi Ferienlager

Es gibt Touren die wird man nicht so schnell vergessen. Und diese gehörte definitiv dazu. Jeder Spot hat seine Faszination, wie auch dieser, aber hier wurden wir fast erwischt. In der Vorbereitung zum Besuch dieses Ort sahen wir, dass er recht abgelegen in einem größeren Wald lag. Bei weiterer Recherche und Kontakt mit Bekannten bekamen wir die Information: „nehmt Euch vor den Nachbarn ich acht“ Direkt an einer Seite des Geländes standen noch ein paar wenige Häuser die bewohnt waren. Die dort wohnenden Leute sollen irgendwie in der damaligen Zeit wohl stehen geblieben sein und es gar nicht Lustig finden, wenn man die eigentlich komplett abgesperrte Anlage betritt. Na gut, dass „Problem“ mit den Nachbarn kennen wir ja nun zu genüge von diversen Spots. Als wir endlich dort hinfuhren, parkten wir bewusst etwas weiter weg, aber immer noch im Wald, wo das Auto eigentlich keinem auffiel. Das Gelände ist so groß, dass wir doch diverse Löcher im Zaun fanden um hinein zu gelangen. Alles war gut, wir konnten in Ruhe unsere Bilder machen und zogen von Haus zu Haus. Als wir fast fertig waren mit fotografieren zog es uns noch einmal zu der alten Anlegestelle am See um ein paar schöne Naturbilder zu machen. Eigentlich waren wir jetzt soweit durch und wir stießen den Rückweg an. Hoch auf dem alten Teerweg, nochmal schnell ein Bild von den ehemaligen Waschräumen machen, als uns ein Ehepaar im mittleren Alter mit einer Fußhupe an der Leine entgegenkam. Zwar noch recht weit entfernt, aber wir haben uns alle gegenseitig sehen können. Man hörte ein komisches bellen an der Leine. Die Gesichter des Ehepaars sahen nicht gerade begeistert aus, dass sie uns dort sahen und irgendwelche Wörter, die wir nicht verstanden kamen aus dem Mund des Mannes. Seine Schritte wurden schneller in unsere Richtung. Um etwaige Diskussionen zu vermeiden ist manchmal der Rückzug sinnvoller 😊 Also teilten wir uns auf um das Gelände in diverse Richtungen zügig zu verlassen, so können wenigstens nicht alle erwischt werden.  :-D Die Frau bleib mit der Fußhupe an der Leine auf dem Teerweg stehen. Da ist doch der Mann tatsächlich hinter einem von uns hinterhergelaufen. Scheinbar wollte er fangen spielen. Also ab in Wald, mit Ziel das nächste Loch im Zaun zu finden um wieder außerhalb des Geländes zu sein. Dahinter hörte man die Rufe man solle sofort stehen bleiben, Äste brachen und recht weit hinten hörte man noch die Leine bellen. Nö, nix mit stehen bleiben. Loch gefunden runter vom Gelände und dann noch ein Stück weiter in Wald. Nach einer Weile und hinter einer guten Deckung das Umfeld beobachtet, aber scheinbar hat der Waldläufer aufgegeben, oder hat das Gelände nicht verlassen. Für solche Fälle haben wir dann immer den Treffpunkt am Auto, wo sich nach kurzer Zeit auch alle wieder vollständig trafen. Adrenalin gehört zu solchen Touren halt auch dazu, die Frage ist immer nur, wieviel braucht man davon :-D. 

Im Auftrag und mit Wissen der SED überwachte und unterdrückte das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) die eigene Bevölkerung. Innerhalb des Geheimpolizeiapparates sorgte ein eigenes Ferienwesen dafür, dass sich hauptamtliche und inoffizielle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter regelmäßig vom Dienst erholen konnten. So zogen die in der DDR beliebten Urlaubsziele vornehmlich die Ostseeinseln Rügen und Usedom, die Sächsische Schweiz, das Erzgebirge, der Harz und der Thüringer Wald, auch das MfS an.

Bisher kannten wir nur VEB-Ferienlager, wo die Kinder von den Angestellten in den Ferien hin verschickt wurden. Hier handelt es sich aber tatsächlich um ein ehemaliges Ferienlager des Ministeriums für Staatssicherheit. Hier durften Kinder von „verdienter Mitarbeiter“ des MfS – dem Geheimdienst der DDR jeden Sommer ihre Ferien verbringen. Rund 1500 Kinder waren zu Spitzenzeit auf dem Gelände. Seit den 90iger Jahren ist die Anlage verwaist. Vieles war so wie in einem ganz normalen DDR-Kinderlager. Die Kinder sollten dort eine unbeschwerte Zeit verbringen. Doch ganz frei vom Einfluss des MfS war das Lagerleben nicht. So habe sich die Anreise gegenüber gewöhnlichen Ferienlagern unterschieden. Die Kinder der MfS-Mitarbeiter sammelten sich demnach in Berlin an der Zentrale in der Normannenstraße und wurden von dort per Bus ins Ferienlager gefahren.

Das Motto des Lagers „Leben dem Genossen Feliks nach“ – bezogen auf Feliks E. Dzierzynski, den ersten Leiter der sowjetischen Geheimpolizei „Tscheka“ – habe sich auch im Selbstverständnis des Lager­lebens widergespiegelt. Es hat durchaus eine ideologische Ausprägung gegeben, immerhin war es das zentrale Pionierferienlager der Stasi. Kühler Kopf, heißes Herz, saubere Hände – das Credo des Geheimdienstes schwebte immer mit. Bei einem obligatorischen Tag der „Tscheka“ während der Lagerzeit seien die Kinder zumindest mit dem Militär in Kontakt gekommen.

Ausschweifenden Luxus, militärischen Drill oder sogar Technik zum Abhören der nahegelegenen Stadt, wie immer wieder spekuliert wurde, habe es im Ferienlager aber nicht gegeben. Am auffälligsten sei eine Sauna gewesen, die in den offiziellen Plänen fehlte. Sie sei allerdings von Erwachsenen wie beispielsweise Sportlern des SC Dynamo Berlin genutzt worden, die sich hier auf die Saison vorbereiteten. 

Dass so wenig über das Areal bekannt ist, liegt an der Entwicklung nach dem Mauerfall. Nach der Übergabe an den Rat der Stadt am 1. April 1990 wurde die mehrere Hektar große Gelände zunächst als Hotelareal, schließlich als Seniorenresidenz genutzt. Doch da es seit Mitte der 90er Jahre brachliegt und nicht mehr zu betreten ist, sei es erneut zu einem „verlorenen Ort“ geworden.

 

Wie wir bei der Recherche auf einen Bericht eines Zeitzeugen stießen, der dort als Kind auch Ferien verbracht hatte, schrieb dieser:

„Als Ferienlager war es wunderbar und für die Kinder wurde mehr getan als in jedem anderen Ferienlager, in dem ich war. Von der Versorgung mit Südfrüchten bis zur Freizeitgestaltung die umfangreich war, wie in einem Freizeitpark. Das Ferienlager war in zwei Teile geteilt, der eine Teil war für die Kindergruppen und Betreuer, der andere für die Mitarbeiter des Objektes. das Lager verfügte über einen Lagerfunk, über den am Tag über Informationen für die Betreuer durchgegeben wurden und zwischendurch Musik gespielt wurde. Es gab ein Kino, eine Kegelbahn, Fernsehräume und vieles mehr. Die Betreuer gehörten zum großen Teil nicht zur Staatssicherheit, sondern wurden von angehenden Erziehern aus ganz Deutschland gestellt. Kam eine neue Belegung für die vielen Gruppenbaracken, dann rollten ca. 15 große Gelenkbusse an. Man kann sich vielleicht vorstellen, was das für ein Bild war, wenn die Buskolonne über die Autobahn rollte. Abgesehen von einem obligatorischen Armeespiel für die Kinder hatte das Ferienlager nichts mit politischer Betreuung zu tun. im Gegenteil, die Betreuer haben sich alle Mühe gegeben ein so spannendes Ferienlager wie möglich zu veranstalten- es war keine "Erziehungsanstalt"   Zitat Ende.

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